Wahrnehmung vs. Realität: In den vergangenen Jahren ist der Eindruck entstanden, dass der Konsum digitaler Inhalte weniger CO2 verursacht als der von Druckerzeugnissen. Ein Eindruck, der so nicht stimmt und der vor allem durch die physische Präsenz von Druckprodukten verursacht wird. Flyer und Gratiswerbung im Briefkasten werden beispielsweise oft als unerwünscht und umweltschädlich wahrgenommen, auch wenn sie in einem durchschnittlichen Haushalt eine deutlich geringere Abfallmenge erzeugen und viel weniger Ressourcen als andere Produkte verbrauchen. Auf der Druckindustrie lastet dadurch – ungeachtet ihrer positiven Auswirkung auf die Verpackungsindustrie, in der das kritisch beäugte Papier die bessere Alternative zum Kunststoff ist – ein gewisser Rechtfertigungsdruck.
In seinem Artikel «Das Print Paradoxon» vergleicht der Autor Marko Hanecke den CO2-Fussabdruck von einem rund 300 Gramm schweren Magazin mit dem verschiedener anderer Haushaltsprodukte und -aktivitäten. Das Ergebnis zeigt, dass das gedruckte Magazin mit einer CO2-Last von lediglich 0,6 Kilogramm überraschend gut abschneidet. Eine heisse Dusche verursacht beispielsweise pro Minute bereits 1 Kilogramm CO2, ein 250-Gramm-Steak 3,3 Kilogramm CO2 und ein Stück Butter 6,0 Kilogramm CO2. Erstaunlich ist auch der Vergleich mit einer einstündigen Videokonferenz. Deren CO2-Verbrauch liegt mit 0,62 Kilogramm sogar etwas über dem Verbrauch eines gedruckten Magazins. Auch wenn Haneckes Vergleichsparameter bewusst unkonventionell gewählt sind, zeigen sie, dass Druckerzeugnisse deutlich weniger Abfall und CO2 produzieren als angenommen, und dass sie einen viel geringeren CO2-Fussabdruck als zahlreiche andere Alltagsgegenstände verursachen.
Eine weitere entscheidende Rolle spielt das Material, aus dem Papier und damit einer der Hauptbestandteile von Druckerzeugnissen hergestellt wird. Laut dem Verband Stahl-, Metall- und Papier-Recycling Schweiz (VSMR) werden in der Schweiz über die bestehenden Sammel- und Transportsysteme jährlich 1.3 Millionen Tonnen Altpapier und Altkarton gesammelt, wovon 1.1. Millionen jedes Jahr für die Herstellung von Papier und Karton verwendet werden. Damit wird rund 90 Prozent des schweizerischen Papierfaserbedarfs durch die Wiederaufbereitung von Altpapier gewonnen. Die Altpapierfasern können dabei bis zu zehn Mal rezykliert werden und eine Tonne Faserstoffe aus Altpapier benötigt nur ein Fünftel des Stroms, der für die Papierherstellung aus Holz benötigt werden würde.
Nichtsdestotrotz sind auch die aus recycelten Altpapierfasern bestehenden Druckerzeugnisse selten frei von schädlichen Stoffen. Sie sind damit nicht vollständig kreislauffähig und können nicht bedenkenlos entsorgt werden. Wir von Vögeli haben es uns zum Ziel gesetzt, dem entgegenwirken und konnten bereits grosse Erfolge erzielen. Neben der Energieeffizienz, die wir in unserem Unternehmen bis ans Maximum ausgeschöpft haben, stellen wir seit fünf Jahren sicher, dass wir nur Materialien verwenden, die aus positiven, für den biologischen Kreislauf sicheren Substanzen bestehen. Durch die Kombination dieser beiden Elemente konnten wir in unserer Druckerei den CO2-Ausstoss in Scope 1 und 2 eliminieren.
Doch wie schlagen sich Druckerzeugnisse eigentlich im Vergleich zu Onlineprodukten? Diese Frage ist sehr komplex und lässt sich nicht abschliessend beantworten, da die Vor- und Nachteile je nach Produktart stark variieren. Einerseits führen Geräte wie E-Reader, die viel weniger Strom verbrauchen als beispielsweise ein normales Tablet, zu einer geringeren CO2-Bilanz als ein durchschnittliches Buch. Andererseits kann jedes gedruckte Buch beliebig lange gelesen werden, ohne neue Emissionen zu verursachen. Bei Online-Inhalten, die am Smartphone, Tablet oder PC konsumiert werden, steigt die Umweltbelastung zudem mit der Lesezeit. Um ein konkretes Beispiel zu nennen: Liest jemand auf einem E-Reader 100 Bücher, verbraucht er rein theoretisch weniger Ressourcen und CO2 als für die Herstellung derselben Anzahl gedruckter Bücher benötigt werden würde. Praktisch gesehen, ist es allerdings unrealistisch, dass eine Person 100 Bücher auf nur einem E-Reader liest, da gemäss Bundesamt für Statistik rund 70 Prozent der Schweizer*innen weniger als ein Buch pro Monat lesen. 100 Bücher zu lesen, würde somit mindestens acht Jahre dauern. Dies würde die Lebensdauer der meisten E-Reader vermutlich weit übersteigen.
Unabhängig davon ist die gesamte Druckindustrie einem Wandel unterworfen. In Haneckes Artikel wird ein Ländervergleich am Beispiel Deutschlands angestellt. Das Land weist einen insgesamt hohen Papierverbrauch auf, der in hohem Masse mit der exportorientierten Wirtschaft und dem Online-Handel zusammenhängt. Der Anteil von Werbung und anderen Druckerzeugnissen ist entgegen der gängigen Meinung relativ gering. Dazu kommt der haptische und emotionale Wert eines Druckprodukts. Es wird über Tage, Wochen oder sogar Jahre hinweg immer wieder verwendet und viel länger beachtet als ein digitaler Newsletter, eine Online-Zeitschrift oder ein elektronisches Buch. Dasselbe gilt für Social Media Inhalte. Während man sich über digitale Plattformen oft oberflächlich und von kurzer Dauer vernetzt oder Leads generiert, hinterlassen wir mit unseren gedruckten Vögeli-Visitenkarten beispielsweise über einen längeren Zeitraum hinweg positive Spuren. Die Visitenkarten beinhalten Blumensamen, die verstreut werden können und aus denen anschliessend Pflanzen wachsen, die sich nachhaltig positiv auf die Umwelt auswirken. Letztlich kommt es auf die erzielte Wirkung an. Die entscheidende Frage ist: Wie oft und in welchem Umfang sollten wir Informationen streuen, um die gleiche Wirkung zu erzielen? In diesem Zusammenhang bietet das Druckprodukt durchaus einige Vorteile.
Angesichts der massenhaften Verbreitung digitaler Inhalte und Informationen wird sich die Druckindustrie weiter verändern – hin zu noch mehr Nachhaltigkeit, einer noch höheren Qualität und einem noch klareren Fokus. Das Motto dabei: Weniger ist mehr. Eine Tendenz, die bereits seit gut 20 Jahren vor allem im Bereich der gedruckten Werbemittel, deren Anzahl seither um rund ein Drittel reduziert wurde, erkennbar ist. Anders verhält es sich im Bereich der Verpackungen. Verpackungspapiere nehmen in vielen europäischen Ländern bereits den grössten Anteil des verwendeten Papiers ein. Der Verpackungstrend geht weiter klar hin zu Karton und Papier, oft als umweltfreundlichere Alternative zum bisher verwendeten Kunststoff.
Dies unterstreicht die Tatsache, dass Druckerzeugnisse, auch wenn sie gelegentlich von der Öffentlichkeit kritisiert werden, nicht als grosse Belastung für die Umwelt angesehen werden können. Gerade in einer Welt, in der nachhaltige Lösungen dringend benötigt werden, wird die Umstellung der Liefer- und Wertschöpfungsketten auf kreislauffähige und biologisch abbaubare Materialien dazu beitragen, den CO2-Fussabdruck der Druckindustrie weiter zu verringern. Als weltweit erste Druckerei mit Cradle to Cradle® Gold-Zertifizierung gehen wir von Vögeli hier mit gutem Beispiel voran und leisten Tag für Tag unseren persönlichen Beitrag zu noch mehr Nachhaltigkeit in unserer Branche.
Den ganzen Artikel «Das Print-Paradoxon» finden Sie unter diesem Link.